Oberbayern: Duales Studium – eine unterschätzte Möglichkeit
Im Rahmen des diesjährigen Schwerpunkts Berufliche Bildung des Landesvorstands des AKS veranstaltete der Bezirksverband Oberbayern am 13. März eine Diskussionsrunde zum Thema Duales Studium. Die Veranstaltung lief hybrid ab, mit fast 40 Teilnehmern.
Hauptredner waren Stefanie Hoffmann, Ausbilderin Duales Studium bei MAN, Dr. Christoph Anz, Verantwortlicher für Bildung bei BMW, Bernd Sibler, Landrat in Deggendorf und ehemaliger Wissenschaftsminister und die Landesvorsitzende des AKS und Mitglied des Bildungsausschusses, Dr. Ute Eiling-Hütig, MdL.
Beide Firmen haben gute Erfahrungen mit dem Dualen Studium. Bei MAN nutzen diese Möglichkeit momentan 42 duale Studenten, wobei das Verbundstudium (Ausbildung und Studium kombiniert) 2016 zugunsten des Studiums mit vertiefter Praxis abgeschafft wurde. Bei BMW setzt man auf das Verbundstudium, das bereits seit 2011 von durchschnittlich 10–13% der Auszubildenden absolviert wird.
Bernd Sibler verdeutlichte, wie anstrengend dieser Ausbildungsweg ist, aber auch welche Möglichkeiten er bietet. Man hat das Beste aus beiden Welten, verdient von Anfang an Geld, auch wenn der Studienteil überwiegt. Momentan beschreiten in Bayern gerade mal 8400 junge Menschen diesen Weg. Besonders im Bereich Pflege und Gesundheit sieht Sibler hier großes Potential für einen Zuwachs.
Das Problem des Dualen Studiums liegt aber an der geringen Bekanntheit. Hier ist die Berufsorientierung in den Schulen, vor allem FOS/BOS und Gymnasien gefordert. Insbesondere nach einer Ausbildung bietet sich ein Studium mit vertiefter Praxis als Aufstiegschance an.
Beide Firmenvertreter betonten, dass Absolventen eines Dualen Studiums häufig im Unternehmen schneller aufsteigen können, da sie die Strukturen und Arbeitsabläufe bereits kennen. Die Kombination mit reinen Studenten von außen halten beide Unternehmen für ideal.
Ein weiteres Problem des Dualen Studiums liegt im Akkreditierungsverfahren. Hochschulen dürfen oft nicht selbst akkreditieren und erkennen das duale Studium teils nicht mehr als Studium an. Frau Dr. Eiling-Hütig bat die Unternehmensvertreter deshalb um weiterführende Informationen als Argumentationshilfen im Wissenschaftsausschuss. Herr Sibler will hier ebenfalls unterstützen, denn es darf nicht passieren, dass diese Stellen wegfallen.
Ein weiterer Punkt, der ins Gewicht fällt, ist die Zusammenarbeit von Unternehmen, Berufsschule, Hochschule und IHK. Hier gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, was Lehrerbildung und Schulausstattung anbelangt. Auch muss für die Schulen Planungssicherheit bestehen, dass jedes Jahr eine bestimmte Mindestzahl an Dualen Studenten vorhanden ist, um gewisse Anschaffungen oder Schulneubauten rechtfertigen zu können. In diesem Zusammenhang wurde auch festgestellt, dass die Anerkennung der Credits je nach Hochschule abweicht, dies muss transparenter werden.
Alle Teilnehmer der Diskussion waren sich jedoch einig, dass das Duale Studium besser beworben werden muss. Es bietet eine Möglichkeit, bei der Elternschaft auch ein Umdenken zu erreichen. Zur Zeit wollen die meisten Eltern, dass ihr Kind später Abitur macht und studiert. Wenn ein Kind einer Akademikerfamilie eine Ausbildung macht, gilt dies als gesellschaftlicher Abstieg. Dies liegt zum Teil auch an der Berichterstattung der Medien, die in erster Linie Grundschule und Gymnasium thematisieren, die anderen Schularten gehen leer aus.
Beide Unternehmensvertreter betonten die Wichtigkeit des persönlichen Kontakts. Dieser findet allerdings oft erst bei Berufsmessen kurz vor dem Abschluss statt. Das ist zu spät. MAN möchte dehalb die FOS-Praktika verstärken und plant einen Ferienworkshop für Grundschulkinder in der Lehrwerkstatt, um die Kinder schon sehr früh für Technik zu begeistern.
Laut Frau Dr. Ute-Eiling-Hütig setzt die Politik momentan jedoch auch falsche Signale durch die Akademisierung der Gesundheitsberufe. Der Gesellschaft muss bewusst gemacht werden, dass beides nötig ist, Handwerker, Techniker und Akademiker. Die Kombination von beiden Ausbildungsgängen kann hier ein wertvolles Instrument sein.
Ein weiteres Argument für das Duale Studium ist, dass man von Beginn an Geld verdient und so auch Studenten ein Studium ermöglicht wird, die aus ärmeren Haushalten stammen. Dr. Anz betonte zudem, dass ein Dualer Student nicht wesentlich mehr kostet als ein Auszubildender, so dass es auch für mittelständische Unternehmen möglich ist, solche Stellen anzubieten und so mehr Stellen geschaffen werden könnten.
Aus dieser Diskussionsrunde ergibt sich ein Arbeitsauftrag an die Politik, die Unternehmen, die Schulen und die ganze Gesellschaft:
Ausbildung und Studium müssen gleichwertig akzeptiert werden, die Schulen müssen besser informiert werden um ihren Schülern diesen Ausbildungsweg empfehlen zu können und die Bürokratie (z.B. beim Akkreditierungsverfahren) muss vereinfacht werden. Nötig ist auch ein gemeinsames Wording, einheitlich Duales Studium statt Verbundstudium, Studium mit vertiefter Praxis oder kooperatives Studium.
Im Nachklang zu dieser Diskussion empfahl Herr Sibler eine gemeinsame Veranstaltung mit dem AKH.
Danke an alle Teilnehmer für diese Diskussionsrunde, die hoffentlich den Grundstein für eine Förderung des Dualen Studiums gelegt hat.
Elke Niedermair